2005: Der Anfang

Ich suchte einen sparsamen Diesel mit großem Kofferraum.
Also kaufte ich einen MX-5.

Man schrieb das Jahr 1 n.F. (nach Führerschein; wenn Du dies liest, wirst Du Dir der Tragweite dieses Ereignisses vermutlich bewusst sein), und der Seat Ibiza Bj. 1994 hatte seine Pflicht getan. Zum Einen hatte er seinen Vorbesitzer fürstlich entlohnt, nachdem er den Tacho zurückgedreht und den fortgeschrittenen Radlaufrost überdeckt hatte. Zum anderen hatte er entgegen aller Erwartungen überlebt. Zwei Grundeigenschaften prägten ihn: Er war sparsam und spaßarm. Legendär die Fahrt nach Kärnten, wo man zu Hause den Fuß ins Blech rammte, die 68 Saugdieselpferde auf die Koppel freiließ und 300 km später mit 6,8 l/100 km ankam. Der Schlüssel zum günstigen Verbrauch lag vermutlich im Motor, der geschätzt 280 km Anlauf brauchte, um die Nadel in den roten Bereich zu hieven. Auf den Hügeln der Südautobahn fiel der Tacho jedenfalls nicht selten unter 130.

Diesen Hintergrund zu verstehen ist wichtig, wenn man jene Zäsur verstehen möchte, welche jener schicksalshaften Fahrt im Juni 2015 folgte. Ich war auf der Suche nach meinem ersten „g’scheiten“ Auto. Diesel, wenig Kilometer, Airbags, ABS, Platz für die Wettkampf-Bikes, Klima, Servo. Ein klassisches Vernunftsauto also. Eines Tages stand ich vor ihm: Grün metallic, 68.000 km, Diesel, Klima – ein Nissan Almera wurden mir von Vater, Verkäuferin („ich hab damit eigentlich nur die Kinder in den Kindergarten gebracht) und Vernunft nahegelegt. Die Probefahrt verlief dann doch eher nüchtern; hinauf zum elterlichen Anwesen musste ich zu dritt und mit Klimaanlage in den zweiten Gang schalten. Dazu kam das abscheuliche Äußere, welches trotz der völligen Abwesenheit irgendwelcher Eigenschaften oder Wesenszüge geradezu offensiv-beleidigen war. Nein danke. Wer sich sowas kauft, bemalt im nächsten Sommer Gartenzwerge.

almera
„Nein“ steht ja bereits auf dem Nummernschild.

Eines Abends – ich hatte länger gearbeitet und es war in der Folge zu dunkel, um 50 km mit dem MTB nach Hause zu fahren – borgte mir mein damaliger Chef seinen roten MX-5. Baujahr 1990, Erstzulassung 1991, österreichische Brot- und Butter-Auslieferung.

Ich hatte das Auto eigentlich nie wirklich registriert. Es stand halt Sommer wie Winter immer vor der Bude. Mein Chef war jetzt kein klassischer Pfleger im engeren Sinne. Zur Besichtigung riet man mir eine Schwarzlichtlampe mitzubringen. Überall im Auto waren Kondome verteilt; und die kolportierte Geschichte, bei einem Festival hätte ein Besucher einmal in den offenen Innenraum gepinkelt, klang jetzt auch nicht so absurd, als dass man sie nicht hätte glauben können.

Dennoch ließ ich mich auf die Fahrt ein. Ein lauer Sommerabend, das erste Mal offen fahren, Klappscheinwerfer, ein nach Drehzahl gierender Motor und eine Sitzposition, wo sich einfach alles absolut natürlich und wie verschmolzen anfühlt. 147.000 km, kein Platz, kein Diesel, keine Klima, keine Servo, keine Airbags – ich musste ihn haben. Nach hartem Verhandeln und € 4.974,- Kaufpreis war ich Besitzer eines bis heute absolut rostfreien, laternenparkenden Mazda MX-5.

Inklusive eines vollen Tanks und neun Kondomen.

Erstelle eine Website oder ein Blog auf WordPress.com

Nach oben ↑